Fieberkrämpfe

Ein Fieberkrampf ist ein epileptischer Anfall, der in Verbindung mit Fieber (ab 38° C) ganz überwiegend im Säuglings- oder Kleinkindesalter (im Alter zwischen 6 Monaten und 4 Jahren) auftritt, selten noch im Schulalter bis zum Alter von 8-10 Jahren. Liegt als Ursache des Krampfanfalles eine Entzündung des Gehirns oder der Hirnhäute vor, so trifft die Bezeichnung Fieberkrampf nicht zu. Nicht zu den Fieberkrämpfen gehören auch die Krampfanfälle mit Fieber bei den Kindern, bei denen schon vorher Krampfanfälle ohne Fieber aufgetreten sind. Fieberkrämpfe sind von der Epilepsie abzugrenzen, welche durch das wiederholte Auftreten von Krampfanfällen ohne Fieber gekennzeichnet ist.

Betroffen von den Fieberkrämpfen sind etwa 2 - 5% aller Kinder. Bei der Mehrzahl der Fieberkrämpfe handelt es sich um kurzdauernde, generalisierte (den ganzen Körper betreffende) oder nur einmal während einer Fieberperiode auftretende Anfälle, die als einfache Fieberkrämpfe bezeichnet werden. Die Fieberkrämpfe, die länger als 15 Minuten anhalten, nur einen Körperteil betreffen (fokale Fieberkrämpfe) oder wiederholt während einer Fieberperiode auftreten werden als komplexe bzw. komplizierte Fieberkrämpfe den einfachen Fieberkrämpfen gegenüber gestellt. Die komplexen Fieberkrämpfe sind mit einem höheren Epilepsierisiko verbunden.

Die Ursache der Fieberkrämpfe ist unbekannt, ihr Auftreten ist aber mit den drei Bedingungen Fieber, Kindesalter und vererbte Neigung zu Fieberkrämpfen verknüpft. Bei bis zu 40% der Kinder sind schon bei anderen Personen der Familie zuvor Fieberkrämpfe vorgekommen. Fieberkrämpfe treten in der Regel in Verbindung mit einer fieberhaften Infektion der oberen Luftwege, mit einer Mittelohrentzündung (Otitis media acuta), Magen-Darm-Infektionen, Harnwegsinfektionen und besonders häufig beim Dreitagefieber (Exanthema subitum) auf. Virusinfektionen liegen sehr viel häufiger zugrunde als bakterielle Infektionen, auch Impfungen, die mit Fieber einhergehen, können Fieberkrämpfe auslösen.

Etwa ein Drittel der Kinder mit einem Fieberkrampf erleiden einen oder mehrere weitere Fieberkrämpfe, wobei etwa 10% der Kinder drei oder mehr Fieberkrämpfe bekommen. Das Epilepsierisiko nach Fieberkrämpfen beträgt insgesamt etwa 2 - 5%. Folgende Risikofaktoren sind mit einem deutlich erhöhten Epilepsierisiko verbunden: familiäre Belastung mit Epilepsie, das Auftreten komplizierter Fieberkrämpfe und vorbestehende neurologische Auffälligkeiten.

Das Risiko des Kindes, durch einen Fieberkrampf zu versterben oder dauernde Folgeschäden des Nervensystems zu erleiden, ist äußerst gering.

Wenn bei einem fiebernden Kind mit einem Krampfanfall Zeichen einer Hirnhautentzündung oder Hirnentzündung vorliegen oder wenn das Kind unter 1 Jahr alt ist, sollte eine Untersuchung der Hirn- und Rückenmarksflüssigkeit (Lumbalpunktion) durchgeführt werden, um eine Entzündung des Zentralnervensystems auszuschließen. Das EEG (Elektroenzephalogramm) hat keine Bedeutung für die sofortige Behandlung des Fieberkrampfes, auch hat das EEG bezüglich der Zukunft nur eine geringe Aussagekraft. Nach einem unkomplizierten Fieberkrampf ist deshalb das EEG meist entbehrlich. Die Ableitung eines EEGs ist ratsam nach komplizierten Fieberkrämpfen, insbesondere nach langdauernden und fokalen Fieberkrämpfen. Bei neurologisch vorgeschädigten Kindern und nach Halbseitenanfällen sollte neben dem EEG ein Computertomogramm des Kopfes, oder noch besser, ein Kernspintomogramm des Kopfes zum Ausschluss von Hirnschäden als Ursachen des Krampfanfalles durchgeführt werden.

Wenn bei einem Kind ein erster Fieberkrampf aufgetreten ist, sind folgende Maßnahmen ratsam:

  1. umfassende Aufklärung der Eltern;
  2. Rezeptierung von Diazepam flüssig für den Notfall eines weiteren Fieberkrampfes;
  3. in den darauffolgenden 1-2 Jahren frühzeitige Anwendung fiebersenkender Maßnahmen (ab 38,5°C) zu Beginn fieberhafter Infektionen mittels Fieberzäpfchen und/oder Wickeln, außerdem sollte genügend Trinkflüssigkeit angeboten werden.

Zur sofortigen Unterbrechung eines Fieberkrampfes eignet sich flüssiges Diazepam, das von den Eltern oder anderen Personen in den Enddarm des Kindes eingeführt wird (nicht Suppositorien verwenden). Hört ein Krampfanfall nicht nach 5-8 Minuten auf, so sollte ein Notarzt oder die Feuerwehr gerufen werden. Von Seiten des Arztes kann Diazepam oder Clonazepam in die Vene gespritzt werden, diese Maßnahme ist in den allermeisten Fällen zuverlässig wirksam.

Die Dauerverabreichung von Medikamenten (Phenobarbital und Valproat) für die Dauer von 1-2 Jahren zur Vorbeugung von Fieberkrämpfen hat sich als unwirksam herausgestellt. Eine wirksame, weiteren Fieberkrämpfen vorbeugende Behandlung stellt die Kurzzeitbehandlung während der Fieberperioden dar. Unter folgenden Bedingungen sollte diese Form der Vorbeugung vorgenommen werden:

  1. wenn schon zwei oder drei Fieberkrämpfe aufgetreten sind;
  2. wenn das Kind unter 1 Jahr alt ist;
  3. wenn weitere Personen der Familie Fieberkrämpfe hatten;
  4. wenn es sich um einen komplizierten Fieberkrampf handelte.

Diese Form der Vorbeugung kann entweder mittels Diazepam als Suppositorien (0,5 mg/kg Körpergewicht alle 12 Stunden) oder mittels Diazepam-Tabletten (0,33 mg/kg Körpergewicht alle 8 Stunden) für längstens 2 Tage durchgeführt werden. Das Kind wird dadurch meist etwas müde. Alle Nebenwirkungen verschwinden nach kurzer Zeit, wenn das Diazepam nicht mehr gegeben wird.

Nur wenn das Epilepsie-Risiko sehr hoch ist (komplizierter Fieberkrampf mit 2 oder 3 der komplizierenden Faktoren oder neurologische Vorschädigung plus komplizierter Fieberkrampf, insbesondere plus fokaler und langdauernder Fieberkrampf), so ist es ratsam, eine Langzeitvorbeugung mittels Phenobarbital oder Valproat vorzunehmen. Diese Maßnahme betrifft aber nur eine sehr kleine Zahl sehr ausgewählter Kinder und soll verhindern, dass Anfälle ohne Fieber auftreten.

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