überarbeitet von Dr. Werner Wolf


 
 

Alzheimer Krankheit

Einleitung

Als Alois Alzheimer 1906 erstmals eine "eigenartige Krankheit der Hirnrinde" beschrieb, ahnte er nicht, dass diese Krankheit fast ein Jahrhundert später eines der Hauptthemen neurowissenschaftlicher Forschung sein würde. Das große Interesse, das dieser Krankheit heute, auch innerhalb einer breiten Öffentlichkeit entgegengebracht wird, liegt in ihrer Häufigkeit, in ihrem jahrelangen und unausweichlich fortschreitendem Verlauf und ihren Symptomen begründet, die ein würdevolles menschliches Dasein schwer beeinträchtigen, wenn nicht sogar unmöglich machen.

Definition

Die Alzheimersche Krankheit ist eine fortschreitende, degenerative Erkrankung, die das Gehirn befällt, und Gedächtnis, Verhalten und Intelligenz stark beeinträchtigt. Die Alzheimer Erkrankung ist die häufigste Form der Demenz. Unter Demenz versteht man einen Verlust der intellektuellen Funktionen wie Denken, Erinnern und Verknüpfen von Denkinhalten, der es unmöglich macht, den alltäglichen Betätigungen nachzugehen, und sogar zum Tod führen kann.

Häufigkeit

Die Alzheimersche Krankheit ist Hauptursache altersabhängiger Demenz und liegt nach amerikanischen Daten an vierter Stelle der Todesursachen-Statistik. Die Alzheimersche Krankheit weist eine mit dem Alter wachsende Häufigkeit auf. In den westlichen Ländern sind 5% der Bevölkerung über 65 Jahren und 20% der Bervölkerung über 80 Jahren betroffen: mit zunehmendem Durchschnittsalter der Bevölkerung werden diese Zahlen in den nächsten Jahren deutlich steigen. Die Anzahl der zur Zeit in Deutschland erkrankten Personen wird auf ca. 800.000 geschätzt.

Krankheitsursachen

Die Ursache der Alzheimer-Krankheit ist bisher nicht bekannt, es werden aber eine Reihe von Hypothesen diskutiert, die genetische, toxische, infektiöse und immunologische Faktoren berücksichtigen.

Es war das Verdienst Alzheimers, die zu fortschreitendem Gedächtnis- und Persönlichkeitsverlust führenden Hirnveränderungen mikroskopisch zu beschreiben. Der Gehirnschwund ist neuropathologisch durch Nervenzelluntergänge, den nach Alzheimer benannten Fibrillenveränderungen und pathologischen Ablagerungen in der Hirnrinde gekennzeichnet. Alzheimer bezeichnete die kugelförmigen Proteinablagerungen, die die Hirnrinde der Erkrankten durchsetzen und ihre hochkomplizierte Mikro-Architektur zerstören, als "Senile Plaques". Die biochemische Natur dieser auch als Amyloid bezeichneten Ablagerugen konnten erst 1985 entschlüsselt werden. Der Hauptbestandteil der senilen Plaques ist ein aus 42 Aminosäuren bestehendes Eiweißmolekül, welches heute beta-A4 oder beta-amyloid genannt wird. Ein weiteres, für die Entstehung der Alzheimer Erkrankung wichtiges Eiweißmolekül ist das APP (Amyloid Precursor Protein). Dies wurde 1987 entdeckt. Es ist heute unbestritten, daß APP und beta-A4 eine zentrale Rolle in der Pathogenese der Alzheimerschen Krankheit spielen.

Ein Teil der Alzheimer-Fälle ist dominant erblich und wird durch eine Mutation im APP-Gen, welches auf dem Chromosom 21 liegt, auf die Nachkommen übertragen. Die familiären Erkrankungen, also die genetisch bedingten, haben einen besonders frühen Krankheitsbeginn. Nachdem im Zentrum der senilen Plaques hohe Konzentrationen von Aluminiumsilicat nachgewiesen wurden, kommt Aluminium für eine Form des toxisch ausgelösten Alzheimer in Frage. Als Folge der Aluminiumintoxikationen kommt es zu Nerofibrillenveränderungen.

Ein Beispiel für äussere, die Krankheit fördernde Einflüsse sind Schädel-Hirn-Traumen, die, auch wenn sie Jahre zurückliegen, das Risiko an Alzheimer zu erkranken erhöhen. Boxer entwickeln frühzeitig beta-A4-Ablagerungen als Ursache der sogenannten "Dementia pugilistica".

Tierexperimentelle Studien belegen, dass Hirnverletzungen eine vermehrte Produktion von APP bewirken.

Pathophysiologie (für Fachleute)

Pathologisch-histologisch zeigt das Krankheitsbild eine diffuse Hirnrindenatrophie, wobei die Abnahme der kortikalen Synapsendichte frontal und temporobasal am deutlichsten ausgeprägt ist. Neurochemisch liegt der Erkrankung ein Untergang cholinerger Neurone bei Mangel an Cholinazetyltransferase zugrunde, es finden sich histologisch vermehrt Amyloidablagerungen, senile Plaques und Fibrilllenveränderungen.

Merkmale und Verlauf

Für die Diagnose einer Demenz vom Alzheimer-Typ wird gefordert, daß ein alltagsrelevantes kognitives Defizit in wenigstenz zwei neuropsychologischen Teilbereichen vorliegt, wie z.B. Wortfindungsstörungen oder Wortverwechselungen, und daß die dementive Symptomatik über wenigstens 6 Monate fortschreitet. Über neuropsychologische Defizite hinaus dürfen keine wesentlichen neurologischen Symptome vorliegen, da sonst organische Ursachen die Demenz ausgelöst haben können.

Frühsymptom der Demenz vom Alzheimer-Typ ist die Unfähigkeit Neuinformationen zu speichern, der Patient hat Schwierigkeiten mit neuen Situationen und findet sich schließlich auch in vertrauten Situationen nicht mehr zurecht. Bei ausgeprägten Orientierungs-, Merkfähigkeits- und Denkstörungen bleiben Gefühle, Persönlichkeit und äußeres Auftreten oft lange Zeit intakt ("die Fassade bleibt erhalten"). Zu den wichtigsten neuropsychologischen Störungen bei der Demenz vom Alzheimer-Typ zählen Wortfindungsstörungen, Wortverwechselungen, es werden Bewegungsabläufe durcheinander gebracht. Weiterhin gehören räumliche Orientierungsstörungen und Sprachstörungen dazu. Im Verlauf der Krankheit treten Primitivreflexe (Reflexe aus der frühen Kindheit), wie der Greifreflex und der Saugreflex wieder auf.

Diagnostik

MRT und CT des Gehirns zeigen eine das ganze Gehirn betreffende Verkleinerung, das EEG eine allgemeine Verlangsamung des Grundrhythmus. Desweiteren können ein verminderter Soffwechsel und eine reduzierte Durchblutung des Gehirns festgestellt werden. Diese Kriterien treffen aber auch bei anderen Krankheiten zu und sind daher nur sehr eingeschränkt für eine Diagnose zu verwenden. Im Liquor (Gehinrkammerwasser) kann eine leichte Eiweißvermehrung vorliegen. Wichtig für die Diagnose eines Alzheimers sind, neben den Schnittbildverfahren (MRT; CT), die starken Persönlichkeitsveränderungen, die bis hin zum völligen Persönlichkeitsverlust gehen.

Therapie

Es gibt zur Zeit keine Heilungsmöglichkeiten für die Alzheimersche Krankheit, jedoch ermöglicht es ein frühzeitiges Erkennen der Krankheit, den Patienten möglichst gut zu betreuen. Es ist wichtig für den Patienten, dass er sich gut aufgehoben fühlt und dass seine verlangsamte Denkweise nicht dazu führt, dass er von allen sozialen Aktivitäten ausgeschlossen wird. Medikamentös können auftretende Schlafstörungen, Angstsymptome oder Depressionen behandelt werden, um dem Patienten das Leben zu vereinfachen.

Seit Kurzem stehen Medikamente zur Verfügung, die sowohl den Verlauf der Krankheit um 1/2 bis maximal 1 Jahr verzögern, als auch Gedächtnis und Konzentrationsfähigkeit verbessern helfen. Es sind dies z.B. die Medikamente Donepezil und Rivastigmin, die den durch die Erkrankung bedingten Acetylcholinmangel in den Synapsen des Zentralen Nervensystems (ZNS) mittels ihrer Wirkung als Cholinesterasehemmer verringern. Acetylcholin ist ein wichtiger Botenstoff für die Informationsübertragung in den neuronalen Synapsen. Das Enzym Cholinesterase ist für den schnellen Abbau des Acetylcholins in den Synapsen verantwortlich.

Aussichten

Zusammenfassend erleben wir heute eine Zeit, in der auf der Basis gesicherter Grundlagen die Suche nach therapeutisch beeinflussbaren Faktoren im Mittelpunkt steht. Die Erforschung der Amyloidablagerungen bietet die Chance, dass in naher Zukunft Medikamente zur Verfügung stehen, die nicht nur Spätstadien der Krankheit symptomatisch beeinflußen, sondern frühzeitig kausal (also die eigentliche Ursache betreffend) und präventiv (vorbeugend) wirken.

Literatur

z. Zeit als Link noch nicht verfügbar.

 
 
Dr. Werner Wolf  08.12.2000